Teleshopping - über den Fernseher einkaufen
Teleshopping – die bequemste Art, sich das Geld aus der Tasche ziehen zu lassen
- Einkaufen früher und heute
- Wie funktioniert Teleshopping?
- Zielgruppe
- Die geheimen Tricks
- Emotionale Beeinflussung
- Kaufsucht
- Zusammenfassung und Links
Einkaufen am Fernseher ist noch nicht so lange möglich, zeitgleich mit dem Start der privaten Fernsehsender gab es kurze „Infomercials" in ihrem Programm. Daraus entwickelte sich ein regelrechter Boom, mit dem sich diese Sender gut finanzieren konnten.
Im Jahr 1995 startete dann der erste eigenständige Verkaufssender, damals H.O.T (Home Order Television), heute heißt er HSE 24 und geht mit drei Kanälen parallel täglich rund um die Uhr auf Sendung.
Daneben gibt es noch weitere große Sender: QVC (seit 1996), Channel 21, ehemals RTL-Shop (seit 2001), 1-2-3.tv (seit 2004), BESTSELLER-TV (seit 2005, inzwischen eingestellt), Juwelo TV (seit 2006) und meinTVshop (seit 2008).
Den meisten Umsatz macht angeblich QVC, gefolgt von HSE24 und Channel21.
Einkaufen früher und heute
Unsere Eltern gingen einkaufen, wenn sie etwas brauchten, Kleidung, Lebensmittel, Gebrauchsartikel. Natürlich nahmen sie das dafür nötige Geld mit. Später wurde es bequemer, man konnte mit Scheck bezahlen und das verleitete dann schon manchmal zu Spontankäufen. Da gab es öfter Streit zwischen Eheleuten, weil Männer nicht immer damit einverstanden waren, dass ihre Frauen einfach „ihr“ Geld ausgeben für irgendwelche „unnötigen“ Dinge. Als dann einige Jahre später fast alle Frauen ebenfalls berufstätig waren und eigenes Geld verdienten, wurden die Schecks und später nur noch die Scheckkarten übliches Zahlungsmittel für größere Anschaffungen. Dadurch war der Preis einer Ware schon wesentlich unwichtiger, man konnte ja immer bezahlen, musste nicht erst Geld mitnehmen oder bei der Bank holen.
Vor ca. 60 Jahren kamen dann Versandhäuser auf, die Kataloge verschickten. Das waren die großen Verführer! Was gab es da alles zu sehen, von Bekleidung bis zu Möbeln, Quelle, Neckermann, Otto, die hatten alles. Dazu gab es auch noch die Möglichkeit der Ratenzahlung, in kleinen monatlichen Beträgen einen zu großen Betrag bezahlen zu können, machte die Wunscherfüllung möglich und kurbelte den Umsatz an. Bei kleinen Einzelhändlern konnte man nicht die Bekleidung für die ganze Familie in kleinen Raten bezahlen, sie hatten enorme Umsatzrückgänge.
Als es dann die großen Kaufhäuser gab, wurde Shoppen zur Freizeitbeschäftigung. In so einem Kaufhaus kann man Stunden verbringen mit schauen, meist gibt es auch ein Restaurant zum erholen nach den Anstrengungen.
Anstrengen? Das muss heute nicht mehr sein, es gibt ja Teleshopping! Zu Hause im Sessel, am Tisch, nachts im Bett, falls man nicht schlafen kann, zu jeder Zeit kann ausgesucht und bestellt werden.
Wie funktioniert Teleshopping?
Meist findet man die Sender, wenn man mit der Fernsteuerung andere Programme oder eine bestimmte Sendung sucht. Plötzlich schaut aus dem Fernsehapparat eine nette Person heraus, nimmt direkten Augenkontakt mit mir auf und spricht anscheinend nur mich und ganz direkt mich an. Ein Tolles Produkt ist im Angebot, ganz günstig, nur jetzt so günstig zu bestellen und es sind auch nur noch ganz wenige Exemplare davon verfügbar.
Na ja, denkt der Mensch vor dem Fernseher, das brauch ich doch nicht. Und sofort kommen mindestens drei Gründe, warum einfach Jeder das Produkt bestellen sollte. Bestellen ist ja völlig risikolos, Sie haben vier Wochen Zeit, das Produkt zurück zu schicken, falls es Ihnen nicht gefällt. Da arbeitet der Kopf beim Zuschauer: Brauen tu ich das ja nicht, aber es ist auf jeden Fall praktischer als das was ich habe. Und irgendwann geht mein Teil vielleicht kaputt, dann hätte ich sofort Ersatz, wenn das jetzt so günstig ist und vielleicht nicht jederzeit verfügbar, dann bestelle ich eben mal.
Am Bestell-Telefon, natürlich kostenlos, eine freundliche Stimme nimmt meine Bestellung auf und fragt, ob sie mir sonst irgendwie noch weiterhelfen könne. Könnte, sie eine Schlaftablette wäre nicht schlecht, aber der Mensch ist höflich und antwortet mit „nein, danke“.
Nach wenigen Tagen, zwischen zwei bis fünf, kommt das Päckchen mit dem neuen Haushaltsbestandteil. Es wird ausgepackt, ausprobiert und oh Wunder, es funktioniert in meiner Wohnung nicht ganz so phantastisch wie im Fernsehen. Es fühlt sich billig an, zwar optisch schön, aber nicht so wirklich ein Luxusteil. Der Mensch legt es zur Seite und beschließt, es später noch einmal zu testen. Die Verpackung wird zur Seite geräumt, das ist schon der erste Schritt zur Aufnahme in den Haushalt. Der zweite Schritt kommt dann, wenn der Mensch wieder einmal in den Shoppingsender schaut: Sein gekauftes Produkt ist weg, also Glück gehabt, so viele Besteller können doch nicht irren. Der Mensch beschließt, dass er das Teil behält, ganz bestimmt kommt irgendwann die ultimativ einzigartige Situation, bei der er es einsetzen kann. Im dritten Schritt wird die Verpackung entsorgt, das Teil in den Schrank gestellt und dort ruht es, bis – ja, bis es nach einigen Jahren dann unbenutzt in den Müll geworfen wird.
Es gibt aber nicht nur ganz normale Menschen wie Sie und ich, sondern Menschen sind ganz verschieden. Wer ein Produkt verkaufen will, sieht sich erst einmal nach einer...
Zielgruppe
...um. Wer sitzt tagsüber vor dem Fernseher und sucht Unterhaltung, Ansprache, Information? Tagsüber sind das Personen, die entweder in Schichtbetrieb arbeiten, solche ohne Arbeit, solche im Ruhestand, Kinder – aber die kommen nicht in Frage, oder Personen, die neben der Arbeit vielleicht über das Internet solche Sender ansehen können.
Wer schaut, wer kauft und warum? damit hat sich auch Thomas Kornecki in seiner Diplomarbeit beschäftigt:
http://www.diplom.de/Diplomarbeit-12206/Teleshopping_in_Deutschland.html
Kapitel 3.3.3, Teleshopping-Kunden: Zwei Drittel (68,5%) aller Kunden sind Frauen, die damit im Gegensatz zur gesamten Zuschauerschaft eine klare Mehrheit stellen. Trotzdem ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren der Anteil der männlichen Kunden zunehmen wird. Die zunehmende Ausdehnung des Produktangebots in den Kategorien Heimwerken und Männer-Elektronik ist von den Teleshopping-Sendern angekündigt worden.
Rund 40% der zuschauenden Frauen und nur 22% der Männer haben schon einmal bei einem der Sender eingekauft. Der Anteil der aktiven Besteller ist jedoch bei den Männern in der Relation deutlich höher. 58% aller männlichen Besteller können zu den aktiven Bestellern dazugezählt werden, während bei den Frauen dieser Anteil bei 51% liegt.
Die Altersverteilung der Besteller verhält sich weitgehend analog zu den Zuschaueranteilen in den einzelnen Altersgruppen. 51,3% entfallen auf die Gruppe der 36-55jährigen, 20,9% auf die bis 35jährigen und 27,7% auf die über 55jährigen.Die Gruppe der 36-55jährigen ist auch mit Abstand die mit den aktivsten Bestellern. 64% in dieser Gruppe sind als aktive Besteller zu werten. Die Teleshopping-Sender erreichen damit die Zielgruppe der so genannten Best und Silver Ager, welche bisher vor allem von den privaten TV-Veranstaltern aufgrund der Fokussierung auf die Gruppe der 14-49jährigen vernachlässigt worden sind.
Die Aufteilung nach dem Bildungsniveau zeigt, dass hauptsächlich die unteren und mittleren Niveaus vertreten sind (Haupt- / Volksschule 29,4%, Mittel-/ Realschule 43,1), während der Anteil der Hochschulabgänger gerade bei 13,6% liegt.
Knapp 60% der Besteller-Haushalte verfügen über ein Netto-Einkommen zwischen 1.000 und 3.000 Euro pro Monat. Dies spiegelt den deutschen Bevölkerungsdurchschnitt und ist eine logische Konsequenz der Preis- und Sortimentspolitik der Sender.
Aus Österreich gibt es folgende Untersuchung:
http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/349600/Teleshopping_Der-Kampf-um-die-beste-Zielgruppe
Weiblich und 55 Jahre alt
In Österreich hat HSE24 bereits 77.000 Stammkunden. Sie sorgen für zehn Prozent des Gesamtumsatzes des Unternehmens. Hierzulande besonders beliebt: Das Schmuck-Sortiment. Kein Wunder, denn der klassische Teleshopping-Kunde ist auch in Österreich eine Kundin und im Schnitt 55 Jahre alt. Im Jahr gibt sie rund 300 Euro vor dem Fernseher aus. Die „beste Zielgruppe“, lobt Reitzner seine Käuferinnen. „Die haben Zeit, Geld und wollen konsumieren.“ Und sie werden immer mehr.
Die geheimen Tricks
Wer nun weiß, wie alt die Kunden sind, kann sich ganz individuell auf ihre Bedürfnisse einstellen. Das funktioniert bei allen Shoppingsendern ganz gut, aber Unterschiede sind doch erkennbar.
Taktik Verknappung
„ Wir sind jetzt gerade einmal eine Stunde auf Sendung und schon sind 40% unseres Bestandes vergriffen!“
Mit solchen oder ähnlichen Sätzen wird zur Bestellung aufgefordert. Man beachte: die 40% sind nicht etwa verkauft, sie sind vergriffen. Bis heute wurde der Unterschied noch nie erklärt. Warum kann man nicht einfach sagen, es wurde verkauft? Vielleicht weil das so endgültig klingt? Wer weiß, in einer Stunde sind vielleicht nur noch 30% vergriffen, weil einige ihren Zugriff rückgängig gemacht haben? Das lässt hoffen!
Oder vielleicht will man ja nicht den Anschein erwecken, man wolle an Ihnen, dem Zuschauer, Geld verdienen. Würde man verkaufen, müssten die Kunden zwangsläufig ein Geldgeschäft in Auftrag geben. Das könnte doch ganz die Stimmung verderben, deshalb greifen Sie einfach nur zu, Sie müssen ja nichts kaufen, Sie könnten einfach nur bestellen. Und wenn Sie sich nicht beeilen, gibt es Ihre Größe nicht mehr, nicht mehr die gewünschte Farbe. Lieber kurz zum Telefon greifen und bestellen als sich dann am anderen Tag ärgern, weil das Teil dann ausverkauft ist. Ja, dann fällt endlich das harte Wort: ausverkauft. Warum haben Sie auch nicht gestern zugegriffen?!
Verknappung kennt niemand so gut wie die Geburtsjahrgänge vor 1950, Kriegs- und Nachkriegsgeneration haben hautnah erlebt, wenn es etwas nicht gab, das man dringend gebraucht hätte. Außerdem kennen diesen Begriff die Deutschen aus dem Osten, dort gab es ebenfalls nicht alles zu jeder Zeit, wenn das Produkt dann verfügbar war, musste man schnell zugreifen, sonst war es wirklich vergriffen.
Die Zielgruppe der über 50jährigen ist angesprochen und reagiert. So einfach kann man Menschen manipulieren.
Taktik einmaliger Preis
Jeden Tag gibt es den Preishit des Tages, den Hit der Stunde, ein Geburtstagsangebot, einen Jahrestag, eine Modeaktion, es entstehen immer neue Gründe, warum gerade jetzt, in dieser Stunde, etwas besonders billig ist und sofort bestellt werden sollte.
Sonderangebote und Sonderpreise sind im Handel allgemein üblich, also nichts besonderes. Beim Teleshopping ist das aber besonders intensiv, weil es ständig wiederholt wird. Den Werbeprospekt vom Supermarkt überfliegt man kurz, merkt sich einiges, das man interessant findet und vielleicht auch gebraucht wird. Im Fernseher wird das bestimmt jede Sunde ein- bis zweimal wiederholt, die Ware eingeblendet und mit der Verknappung argumentiert. Dadurch wird der Druck ständig auf einem gewissen Level gehalten, wen das Produkt auch nur geringfügig interessiert, wird damit angesprochen.
Will man den Preis vergleichen und sucht im Internet vergleichbare Produkte, fällt immer wieder auf, dass die Teleshopper selten einen genauen Typ oder eine ganz bestimmte Bezeichnung angeben. Besonders bei Technikprodukten ist damit ein Preisvergleich unmöglich. Manchmal werden die Produkte zu „speziellen, nur hier verfügbaren Typen“ umgestylt, die angeblich besondere Funktionen haben, ein besonderes Aussehen oder ein ganz bestimmtes Material. So wird dem Kunden der Preisvergleich unmöglich gemacht.
Manchmal wird zu einem Produkt noch ein anderes dazugepackt, kostenlos natürlich. So bekommt man zum Superakkubesen noch zwei Mikrofaserbezüge und schon ist ein Preisvergleich unmöglich
Taktik exklusives Angebot
„Dieses Angebot bekommen Sie nur bei uns, es ist unsere Eigenmarke, die gibt es nirgends anders im Einzelhandel!“ So klingt das dann und meist stimmt es auch. Das hat zur Folge, dass der Preis nicht mit anderen, ähnlichen Produkten verglichen werden kann. Es gibt zahllose „Designer-Linien“ in der Bekleidung und beim Schmuck, die solche Eigenmarken sind. Manchmal passiert es dann, dass ein Kunde den identischen Schuh, die gleiche Hose doch im Einzelhandel oder in einem Internetshop findet. Dann kommt gerne die Auskunft, dass bei Aldi oder anderen Handelsketten auch gewisse Produkte unter einem Eigennamen verkauft werden. Aber irgendwie fühlt man sich doch komisch, wenn man dann immer wieder an den Aussagen der Verkäufer zweifeln muss.
Meistens werden als „exklusiv“ auch solche Produkte bezeichnet, die einen intensiven Erklärungsbedarf haben und von den Hosts (Verkäufer oder Moderatoren) ganz genau beschrieben werden. Das können Haushaltshelfer, Putzmittel oder auch Mikrofaserprodukte sein, mit denen speziell die Homeshopper einen guten Umsatz erzielen.
http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/349600/Teleshopping_Der-Kampf-um-die-beste-Zielgruppe
Emotionale Beeinflussung
Mag der Tag auch trübe und langweilig sein, bei den Teleshoppern ist immer gute Stimmung. Der Kunde schaltet den Fernseher ein und er sieht freundliche, lachende Gesichter. Man kennt sich schon, die Hosts werden meist mit Vornamen angesprochen und sie reden in die Kamera, als ob sie direkt mich meinen würden. Im Vordergrund steht natürlich der Artikel, aber daneben werden Geschichten aus dem Privatleben erzählt, so dass man die einzelnen Frauen und Männer gut zu kennen scheint. Wer wo in Urlaub war wird besprochen, ob jemand umzieht, über die Familie und die Tiere, die man hat. Das macht eine so harmonische Stimmung zwischen Zuschauer und Verkäufer, dass man ganz entspannt der Sendung folgt. Wer bestellt, der darf sogar in die Sendung per Telefon verbunden werden, das ist der absolute Hit für viele. Einmal mit dem Lieblingsmoderator zu sprechen, ein Autogramm zu bestellen, das ist einfach das Sahnehäubchen. Und wenn dann die Sabine, der Peter, die Nicole oder die Kerstin etwas sagt, dann ist das auch die Wahrheit, denn die würden doch „uns“ nicht anlügen.
Zielgruppen-Analyse für gezielte Beeinflussung
Wie bereits beschrieben ist die Zielgruppe für jedes Produkt ermittelt, entsprechend wird es auch in den Shows angeboten:
- 51,3% entfallen auf die Gruppe der 36-55jährigen,
- 20,9% auf die bis 35jährigen und
- 27,7% auf die über 55jährigen.
Die Gruppe der 36-55jährigen ist auch mit Abstand die mit den aktivsten Bestellern. 64% in dieser Gruppe sind als aktive Besteller zu werten.
Die Teleshopping-Sender erreichen damit die Zielgruppe der so genannten Best und Silver Ager, welche bisher vor allem von den privaten TV-Veranstaltern aufgrund der Fokussierung auf die Gruppe der 14-49jährigen vernachlässigt worden sind.
Die Aufteilung nach dem Bildungsniveau zeigt, dass hauptsächlich die unteren und mittleren Niveaus vertreten sind (Haupt- / Volksschule 29,4%, Mittel-/ Realschule 43,1), während der Anteil der Hochschulabgänger gerade bei 13,6% liegt.
Das Publikum besteht aus bodenständigen, nicht mehr ganz jungen, manchmal richtig alten, kaufwilligen potentiellen Kunden. Dieser Kundenkreis liebt Harmonie, möchte persönlich angesprochen werden, legt Wert auf die Werte Vertrauen, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und ist zwar kritisch, aber auch bereit Neues auszuprobieren.
Harmonie
Schon die Studiogestaltung wird in Farben, die allgemein als positiv empfunden werden gestaltet. Die Hosts oder Moderatoren / männlich oder weiblich, scheinen sich morgens das Lächeln im Gesicht festzukleben. Sie haben alle „supernette Kolleginnen“, die zu verkaufenden Produkte sind einfach toll, man möchte eigentlich am liebsten selbst zugreifen, aber als Host darf man „erst am Ende der Sendung zugreifen, falls da überhaupt noch etwas übrig bleibt“.
Persönliche Ansprache
„Und schon wieder haben wir eine Kundin in der Leitung . . .“ Ja, jeder kann mit den Hosts am Telefon reden! Das geht ganz einfach, man bestellt etwas und die Damen und Herren der Bestellannahme fragen dann die „guten“ Kunden – sie sehen anhand der Kundennummer, was und wie viel in der Vergangenheit bestellt wurde, ob Rücksendungen waren – ob sie vielleicht in das Studio durchgestellt werden wollen. „Ach, das geht wirklich? Ich dachte immer, die Anrufe wären nicht echt.“ So ist die häufige Reaktion auf diese Frage und die Freude beim Kunden ist groß, dass er oder sie auch einmal „im Fernsehen“ etwas sagen darf.
Der andere Hit ist zur Zeit, immer wieder zu betonen, ein bestimmter Artikel sei „auf Kundenwunsch“ genau so gestaltet worden. Die Hosen haben an einem Tag „extra auf Kundenwunsch Taschen, um Kleinigkeiten zu deponieren“ und am Tag darauf haben andere Hosen „auf Kundenwunsch extra keine Taschen, damit nichts aufträgt“. Und alle sind aufgerufen, ihre Wünsche zu äußern, was sie gerne sehen möchten (nein, nicht kaufen, das klingt so profan).
Werte
In dem Namen eines TV-Shoppers sind die Werte Qualität, Vertrauen und Bequemlichkeit schon plakativ vorgegeben. Sogar Rücksendungen werden vom Hermes-Boten zuhause wieder abgeholt.
Aber auch alle anderen legen Wert auf ihre Kundenfreundlichkeit, die Qualität ihrer Produkte und die vier Wochen Rücksendemöglichkeit. Aber der Wert Ehrlichkeit ist nicht immer zu erkennen. Da werden Fakten einfach verschwiegen, so hatte z. B. vor kurzem eine bekannte Firma, die Kochtöpfe herstellt und vertreibt, ihren Bestand an nicht für das Induktionskochfeld tauglichen Töpfen günstig über QVC verkauft, auf der firmeneigenen Homepage wurde zu dieser Zeit schon für die nächste Generation der Töpfe geworben.
Was die Qualität der Produkte betrifft, ist die Stiftung Warentest nicht ganz so begeistert, dazu einen Bericht:
http://www.test.de/themen/bildung-soziales/test/Teleshopping-Nur-der-Service-stimmt-1548439-1550737/
„Produkte enttäuschen
So gut wie der Service, so enttäuschend sind die Produkte. Die drei Staubsauger liefern im Testlabor eine jämmerliche Vorstellung: Sie saugen schwach und blasen viel Staub in die Raumluft zurück. Extrem laut sind die beutellosen Bürstsauger obendrein. Von den Lobeshymnen der Moderatoren bleibt nur heiße Luft. „Ideal für Allergiker“, wie es beim Aigger-Staubsauger noch auf der Verpackung heißt, sind die Dreckschleudern nicht. Testurteil: mangelhaft. Auch die Digitalkameras aus den Teleshops sind kein guter Kauf. Das Modell vom RTL Shop unterbietet sogar alles, was die Stiftung Warentest an Digitalkameras bisher getestet hat: Mangelhaft. Die Jenoptik von QVC und die Maginon von HSE24 sind etwas besser, aber nicht gut. Für 150 Euro gibt es im Einzelhandel und im Internet deutlich bessere Digitalkameras.“
Damit möchte ich die Suche nach Werten in der Verkaufsstrategie beenden, weil es kaum etwas gibt, was erwähnenswert wäre.
Vom Bestellen zum Dabeisein
Hier möchte ich beschreiben, wie sich die aggressive, psychologisch ausgefeilte Verkaufsstrategie ganz schnell zum finanzielle Ruin von leicht beeinflussbaren Menschen auswirken kann.
Ich setze voraus, dass das ganz kühl geplant ist und jedem der Hosts bekannt ist. Deshalb ist es hier bei mir vorbei mit der Sympathie, ich bezeichne das familiäre Getue der Moderatoren als glatte Lüge, als eiskalte Taktik.
In einem Internetforum hatte sich vor ca. zwei Jahren eine Frau um Hilfe an die anderen gewandt, weil ihr die Privatinsolvenz drohte. Sie hatte bei verschiedenen Versandhäusern und Shoppingsendern Ware bestellt, die sich nicht brauchte und auch nicht bezahlen konnte. Auf telefonische Nachfrage kam dann diese Geschichte heraus:
Im November 2007 verstarb mein Mann, ich fühlte mich völlig haltlos und mein Leben schien ohne Sinn zu sein. Wir hatten keine Kinder und sind hier erst 2001 hergezogen, Kontakt zu Nachbarn gab es kaum.
Die Adventszeit kam und ich habe im Fernseher zufällig auf einen dieser Verkaufssender gezappt. Dort wurden ganz verschiedene Produkte gezeigt, was mir aber besonders gefiel, waren die freundlichen Moderatorinnen. Endlich war in meinem Wohnzimmer wieder eine fröhliche Stimmung, ich fühlte mich wohl. Immer öfter schaltete ich ein und dann begann ich damit, mir Schmuck zu bestellen. Das hat mir früher mein Mann geschenkt, nun dachte ich, er würde mir das ganz bestimmt bestellen, wenn er noch da wäre.
Nach dem Schmuck bestellte ich Bekleidung, ich musste nicht einmal das Haus dazu verlassen und die Auswahl war riesig. Auch Bettwäsche gefiel mir und bald kaufte ich nur noch die Lebensmittel hier am Ort.
Bezahlt habe ich mit Kreditkarte oder Abbuchungsermächtigung, auch ganz bequem. Irgendwann verlor ich die Kosten aus den Augen, die Kontoauszüge legte ich einfach zur Seite, ohne sie anzusehen.
Wenn ich mich schlecht fühlte, half das Einschalten von meinem Lieblingssender. Einschalten und bestellen war eigentlich ganz normal, es war wie ein Rausch. Wenn etwas bestellt wurde, kam einige Tage später der Postbote und so hatte ich auch jemanden, mit dem ich reden konnte, wenigstens einige Worte. Manchmal habe ich einen Artikel zurückgeschickt, aber meist verschenkte ich das, was ich selbst nicht brauchen konnte, an irgendjemanden aus der Nachbarschaft, der mir bei etwas geholfen hat.
Dann kam der Tag, als die Bank mein Konto gesperrt hat. Es war so viel überzogen, dass ich von der Rente nichts abheben konnte. Ich löste sämtliche Sparbücher auf, aber es reichte nicht. Trotzdem konnte ich nicht aufhören zu bestellen. Ich kaufte dann einfach auf Rechnung und bezahlte diese nicht. So kam es dazu, dass ich heute so hoch verschuldet bin, dass ich Privatinsolvenz anmelden muss. Aber was noch schlimmer ist, ich weiß jetzt, dass ich kaufsüchtig bin. Kaufsucht ist so schlimm und Therapien dauern lange, ich muss ja doch immer wieder einmal etwas kaufen und kann mich dann jedes Mal kaum bremsen. Allein die Tatsache, dass ich nur noch mit Bargeld zahlen kann und davon kaum das Notwendigste kaufen kann, rettet mich vor einem Rauschzustand.
Kaufsucht
http://www.suchtprozesse.de/kaufsucht.htm
Laut Untersuchungen der Universität Stuttgart-Hohenheim ist Kaufsucht ein inzwischen weit verbreitetes Phänomen. Demnach sind 5 Prozent aller Erwachsenen „stark“ und 20 Prozent „deutlich“ kaufsuchtgefährdet. Doch nicht jeder der kaufsuchtgefährdet ist, gilt gleichzeitig als kaufsüchtig. Die Grenze zwischen einem „normalen“ Frustkauf und der Kaufsucht liegt in dem immer wiederkehrenden Drang Dinge zu kaufen, die man nicht wirklich benötigt. Oft landen diese Sachen unausgepackt im überquellenden Schrank, oder kurze Zeit später im Container. Kaufsucht ist unauffällig, weil Kaufen gesellschaftlich akzeptiert ist. Aber als nichtstoffgebundene Sucht, ist sie mit anderen Suchtformen wie Alkohol-, oder Essstörungen durchaus vergleichbar.
Alle Altersgruppen und alle Einkommens- und Bildungsschichten scheinen gleichmäßig von dieser Sucht betroffen zu sein. Es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass Kaufsucht eine eher „weibliche” Sucht ist, wenn auch lange nicht so ausschließlich, wie beispielsweise Eß- oder Magersucht. Wie auch bei ähnlichen amerikanischen und kanadischen Untersuchungen hatten bei uns Frauen deutlich höhere Werte auf einem von Kanadiern entwickelten Test zur Messung von Kaufsucht.
Was kann man tun?
Eine gezielte Therapie des Kaufzwangs gibt es (noch) nicht, jedenfalls nicht offiziell. Am sinnvollsten ist natürlich auch hier die Prävention, die Vorbeugung, in vielen Fällen also eine emotional befriedigende Kindheit und Jugend. Und wenn später eine Therapie notwendig wird, dann am zweckmäßigsten ein sogenannter Gesamt-Behandlungsplan, wie er auch bei allen anderen seelischen Störungen empfohlen wird
Als Sofortmaßnahme gegen die Bestellsucht bei Shoppingsendern kann man:
- Alle Kreditkarten zurückgeben.
- Ein monatliches Bestellvolumen festsetzen – d. h. einen bestimmten Betrag, der nicht überschritten werden darf.
- Niemals sofort zum Telefonhörer greifen, sondern eine Liste machen mit Produkten, die man bestellen möchte und erst am Abend bestellen.
- Eine Liste erstellen an Produkten, die man dringend braucht und nur bestellen, wenn eines davon gezeigt wird.
Wirklich Süchtigen wird das aber nicht helfen. Hier hilft es nur, diese Sender von der Liste zu löschen und lieber Krimis, Spielfilme oder Quizsendungen anzusehen. Es gibt auch eine Welt außerhalb der eigenen 4 Wände und man könnte draußen Sport treiben, spazieren gehen, im Garten arbeiten oder sich auf den Balkon setzen und lesen.
Eigentlich müsste es für Shopping-Sender eine Warnmeldung geben wie bei Glücksspielen und Tabak:
Kaufen kann süchtig machen!
Diese Warnung müsste ständig eingeblendet sein .
Zusammenfassung und Links
- Teleshopping ist nichts exklusives, sondern gut gemachte Verdummung
- Teleshopping ist nicht günstiger als andere Anbieter
- Teleshopping macht abhängig
- Teleshopping kann Kaufsucht auslösen
Es gibt im Internet (über Facebook) Foren, wo man sich über die Shoppingsender, ihre Produkte, ihre Taktik, ihre Moderatoren austauschen kann:
http://www.facebook.com/group.php?gid=141735902532195&v=app_2373072738Der
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oder der Blog zum mitdiskutieren